Der deutliche Kursrutsch zwingt den Tesla-Chef und Twitter-Inhaber dazu, die Märkte zu beruhigen. Er werde in nächster Zeit keine Tesla-Aktien mehr verkaufen, so Musk.
Anlegerinnen und Anleger von Tesla-Aktien müssen derzeit starke Nerven haben: Der Kurs sank am Donnerstag an der US-Börse um 9 Prozent und fiel auf den tiefsten Stand seit Oktober 2020. Damit ist der Börsenwert des Elektroautoherstellers unter die Marke von 400 Milliarden Dollar gesunken. Im November 2021 lag die Marktkapitalisierung noch bei etwas mehr als 1200 Milliarden Dollar.
Solche Neuigkeiten sind schlecht fürs Image. Tesla ist nicht nur der wertvollste Automobilhersteller der Welt, sondern lebt auch von seinem Mythos als Technologieführer. Läuft es nicht rund, könnte dies Kunden, Anleger und Finanzanalysten abschrecken. Die Suche nach den Ursachen für den Absturz an der Börse ist deshalb in vollem Gange.
Analyst: «Twitter-bezogenes Drama»
Experten wie George Gianarikas von der kanadischen Investmentbank Canaccord Genuity zeigen mit dem Finger auf Elon Musk, den Konzernchef von Tesla. «Elon Musk tut, was Elon Musk tut», schreibt Gianarikas in einem Lagebericht. «Einiges davon ist Twitter-bezogenes Drama, vieles nicht.» Der Analyst bezieht sich dabei auf die anhaltende Kritik von bedeutenden Tesla-Investoren, Musk sei zu sehr mit seiner Übernahme des Kurzbotschaftendienstes beschäftigt und kümmere sich zu wenig um Tesla.
Dabei gäbe es genug zu tun. Nicht nur sollte die Produktion in den neuen Fabriken im US-Bundesstaat Texas und ausserhalb von Berlin hochgefahren werden. Die strengen Corona-Massnahmen in China und unterbrochene Lieferketten haben dazu geführt, dass die Produktion im chinesischen Werk in Shanghai zeitweilig stillstand.
Jedenfalls senkte Finanzanalyst Gianarikas das Kursziel für den Autohersteller von 304 auf 275 Dollar und begründete dies mit der «kosmisch schlechten» Stimmung in der Öffentlichkeit und einer «verzweifelten» Aktionärsbasis. Zur Erinnerung: Elon Musk hatte im Oktober Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen. Um das Geschäft zu finanzieren, hatte er Tesla-Aktien im Wert von 23 Milliarden Dollar verkauft.
Seit dem Kauf fällt Musk vor allem durch sein Mikromanagement von Twitter und sein Engagement für die Meinungsfreiheit auf der Plattform auf, die für reichlich Schlagzeilen sorgen. Unter anderem hat der 51-Jährige gesperrte Twitter-Konten von umstrittenen Prominenten wieder freigegeben. Dazu gehört auch das Profil des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.
Das schrecke die kaufbereite Stammkundschaft von Tesla ab, sagte Gordon Johnson vom Analyseunternehmen GLJ Research gegenüber dem US-Wirtschaftsmagazin «Fortune». «Liberale, die denken, dass Elektroautos die Welt retten werden.» Trotzdem unterstütze Musk «all diese rechtsextremen Verschwörungen auf Twitter.» Das sind deutliche Worte von jemandem, der als einer der glühendsten Unterstützer von Tesla gilt.
Sorgen um sinkende Nachfrage
Doch auch Sorgen um eine sinkende Nachfrage nach Tesla-Autos dürften den Aktienkurs nach unten drücken. Der Absturz erfolgte, kurz nachdem der Hersteller auf seiner Website Preisnachlässe in den USA von 7500 Dollar für gewisse Modelle bekannt gegeben hatte. Auch in Kanada und Mexiko gibt es Rabatte. Bereits im Oktober hatte Tesla die Preise für Autos im potenziellen Wachstumsmarkt China gesenkt.
Darüber hinaus versucht das Unternehmen mit weiteren Anreizen, neue Kundschaft zu gewinnen. Wer ein Auto bestellt hat, das im Dezember ausgeliefert wird, profitiert von kostenlosen «Tankfüllungen» mit Strom für 10’000 Meilen oder knapp 16’100 Kilometer.
Das deutliche Signal der Finanzmärkte zwang Musk zu einer Reaktion. Er versprach, im kommenden Jahr keine weiteren Aktien von Tesla zu verkaufen. Und auch 2024 werde es wahrscheinlich keine weiteren Verkäufe mehr geben, sagte Musk bei einer Livekonferenz am späten Donnerstagabend.
Diese Aussagen konnten den Tesla-Kurs zumindest nachbörslich stabilisieren; der Kurs zog leicht an.
Jon Mettler ist seit 2018 Wirtschaftsredaktor bei der Zentralredaktion von Tamedia. Er berichtet über Telekommunikation, Digitalisierung, Tourismus und die Uhrenindustrie.Mehr Infos
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Author: Kelsey Wilson
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